Aus meiner journalistischen Arbeit hier für Online-Leser eine Auswahl

 

 

Home

Retro Classics 2018 in Stuttgart

Vom „Silberpfeil“ bis zum „Dampfpflug“

Die weltweit größte Oldtimermesse

VON CHARLY HAFNER

 

Der legendäre Mercedes-Silberpfeil

 


STUTTGART. Mit einer Ausstellungsfläche von 140.000 m² ist die RETRO CLASSICS die größte Oldtimermesse der Welt. 10 Messehallen und die Messepiazza im Freigelände der Messe Stuttgart wurden am 22.-25. März 2018 von mehr als 1.500 Ausstellern belegt und boten somit eine immense Vielfalt für die Besucher. Das einzigartige Messe-Konzept überzeugt durch ein umfassendes Angebot an Oldtimern, Youngtimern, NEO CLASSICS®, US-Cars, historischen Zweirädern und Nutzfahrzeugen ebenso wie durch ein erstklassiges Rahmenprogramm, eine riesige Fahrzeugverkaufsbörse und hochinteressante Sonderschauen. Doch nicht nur die Fläche ist gewachsen, auch die Zahl der Aussteller, die aus dem Ausland anreisen, hat sich verdoppelt. Buchungen und Hallenbelegung sprechen für sich. Verkaufte Fahrzeuge können hier täglich nach Messeende ausgefahren und durch andere Fahrzeuge ersetzt werden. So wurde gewährleistet, dass die Besucher auch am letzten Messetag noch ein breites Angebot vorfinden. Privatanbieter stellen auf der Galerie im L-Bank Forum (Halle 1), auf der Messepiazza oder im Rothauspark aus. Aufgrund der insgesamt positiven Entwicklung im Stuttgarter Messegeschäft entstand eine weitere, die zehnte Halle (Paul Horn Halle). „Damit stehen weitere 15.000 m² und somit insgesamt ca. 140 000 m² zur Verfügung“, so der Geschäftsführer der Landesmesse in Stuttgart Roland Bleinroth.  


Boomender Oldtimer-Markt bei stark vergrößerter Fahrzeugverkaufsbörse

Die Zeit, einen Oldtimer zu kaufen, war nie besser: „Immer mehr Menschen erkennen inzwischen nicht nur den finanziellen, sondern auch den ideellen Wert klassischer Fahrzeuge“, sagt Karl Ulrich Herrmann, geschäftsführender Gesellschafter der Retro Messen GmbH und Initiator der Retro Classics. „Sie suchen etwas Echtes, Authentisches aus einer Zeit, in der Qualität noch obersten Stellenwert hatte. Diesen anhaltenden Trend spüren wir nicht zuletzt an der stetig wachsenden Beliebtheit unserer Fahrzeugverkaufsbörse.“ Autokauf sei bekanntlich Vertrauenssache, meint Herrmann – daher wolle die RETRO CLASSICS Händlern und Privatverkäufern gleichermaßen eine seriöse Plattform bieten.


Rund 50 automobile Klassiker waren zu ersteigern


Live-Auktionen sorgen regelmäßig für leidenschaftliche Bietergefechte. Classicbid ist seit dem Jahr 2016 als Aussteller und Veranstalter der Live-Auktion fester Bestandteil der Retro Classics. Das Auktionshaus versteigerte dieses Mal rund 50 automobile Klassiker, darunter äußerst seltene Modelle. Vom Fiat  500 zum Ausrufpreis von 4.500 € bis zum Mercedes-Benz 300 SE Cabrio zum Ausrufpreis von 165.000 € war für jeden Geschmack etwas dabei. Ebenfalls auf einen neuen Besitzer warteten zahlreiche Automobilia wie z.B. edle Kunstdrucke und elegante Chronographen.

Stücke voller Schönheit und Ästhetik

Gelebte Automobil-Leidenschaft war die: Sonderschau der „SK Oldtimer Collection“ mit exklusiven Vorkriegsmodellen. Seine Lebensgeschichte ist spannend, seine Kollektion weltberühmt: Der Mechaniker, Ingenieur, Unternehmer und Stiftungsgründer Saulius Karosas gilt nicht nur als reichster Mann Litauens, sondern ist in Oldtimer-Zirkeln vor allem als bedeutender Sammler und Restaurator ein Begriff. Auf der Stuttgarter Retro Classics blickt die hochkarätig bestückte Sonderschau der „SK Oldtimer Collection“ weit zurück in die Automobilgeschichte. Liebhaber seltener Vorkriegs-Modelle durften an einigen außergewöhnlichen Exponaten erfreuen.

 

Hispano-Suiza H6B TORPEDO, Bj. 1924, 6500 cm³, 6 Zylinder

Im Kindesalter träumt Karosas davon, Rennfahrer zu werden. Als Dreizehnjähriger arbeitet er neben der Schule in einer Rennwagen-Werkstatt, mit sechzehn gewinnt er 1974 im Team von Vikis Oleka die Rennmeisterschaften der UDSSR in Leningrad und erhält eine Auszeichnung als bester Mechaniker. Nach seinem Studienabschluss an der Technischen Universität Gediminas in Vilnius bleibt Karosas noch einige Jahre an der Abteilung für Automobile, dann siedelt er in die Vereinigten Staaten über. Die aufwändige Restaurierung eines Mercedes-Benz 500 K Cabriolet mit einem Chassis von Erdmann & Rossi, ursprünglich als Startkapital in Übersee gedacht, markiert den Beginn einer großen Leidenschaft für historische Automobile.  


Mercedes-Benz 320 A Cabriolet, Bj. 1938, 3200 cm³, 6 Zylinder   
            

Darunter eben viele Fahrzeuge der berühmten Karosseriebauer Erdmann & Rossi.  Daraus entsteht bald eine eigene Sammlung, die wie ein Spiegel der automobilen Blütejahre von 1910 bis 1940 wirkt: „Das war die Zeit, als alle mechanischen Erfindungen gemacht wurden“, sagte Saulius Karosas. „Die Leute begannen Autos nicht nur als Transportmittel zu sehen, sondern als Stücke voller Schönheit und Ästhetik.“ Herausragende Vertreter dieser Gattung waren auch in der Sonderschau zu sehen – etwa ein Mercedes- Benz 380 Spezial Roadster von 1933 oder ein 1934 zugelassener Maybach DS 8, von welchem weltweit nur noch wenige Exemplare erhalten sind.


Mercedes-Benz 380 Special Roadster, Erdmann & ‚Rossi, Bj. 1933, 4019 cm³, 8 Zylinder

                                                                                                                      
Ackergiganten der Treffpunkt für Freunde historischer Landtechnik

Seltene Zugmaschinen: Sonderschau „Ackergiganten im Einsatz“ der Bulldog- und Schlepperfreunde Württemberg e.V. auf der Retro Classics 2018. Hubert Flaig, stellvertretender Vorsitzender der Bulldog- und Schlepperfreunde Württemberg e.V., ist überzeugt: „In der Entwicklung des modernen Verbrennungsmotors spielten Nutzfahrzeuge von Anfang an eine wichtige Rolle!“ Mit der Sonderschau „Ackergiganten im Einsatz“ wollte der Verein dies nun anschaulich inszenieren. Die Besucher erwartete eine spannende Zeitreise durch die Geschichte der motorisierten Landwirtschaft. Von der Dampfpflugtechnik über früheste Benzinfahrzeuge, für deren Anfang die Motorpflüge und Motorfräsen standen. Eine insgesamt einmalige Show, die es so wahrscheinlich nie wieder geben wird. Flaig versprach nicht zu viel, wenn er „einige wirklich sensationelle Exponate“ ankündigte: etwa einen kompletten Fowler-Pflugsatz von 1909, wie er noch bis in die sechziger Jahre hinein im Einsatz war.

   
Fowler-Pfluglokomobile Typ AA4, Bj. 1909, 2-Zylinder-Dampfmaschine 175 PS, 19 Tonnen
                                                                                                                          


 
8-Schar-Kipppflug 1357, Bj. 1919 von J.Kemna, Breslau. 4 Tonnen, Seilpflug für Zweimaschinen-System

Heute mutet die wuchtige Technologie fast grotesk an: Statt mit einer Zugmaschine übers Feld zu fahren, zog man mittels zweier dampfgetriebener Lokomobile einen schweren Kipppflug per Seilwinde auf dem Acker hin und her. Für eine kleine Sensation sorgte auch der erst kürzlich restaurierte Lanz „Landbaumotor“ aus dem Jahre 1917, ist er doch das weltweit letzte funktionsfähige Exemplar seiner Art.  

 
Lanz Landbaumotor 1917                                                                   

„Der Landbaumotor war einer der ersten Traktoren mit Benzinmotor, die in Deutschland gebaut wurden“, erklärte Hubert Flaig. Vorreiter bei der Umstellung von Dampf- auf Benzinantrieb seien jedoch die Amerikaner gewesen: „In den USA gab es damals einen Ölboom, damit hatte man einen optimalen Brennstoff zur Verfügung.“ In Stuttgart standen zwei seltene „Prärie-Traktoren“ stellvertretend für das amerikanische Bemühen um Fortschritt.

Bei den jüngeren Baujahren kamen schließlich auch die Freunde sogenannter „Monster-Trucks“ auf ihre Kosten: „Das Wiederaufleben des Gigantismus in der Landwirtschaft erinnert an die frühen Jahre“,  kommentierte Flaig den Trend zu modernen „Ackergiganten“. Neben seinen älteren Brüdern protzte der 20 Tonnen schwere Schlüter-Riesenschlepper „Profi Gigant 3000“ mit Zwillingsbereifung, luftgefederten Echtledersitzen und satten 650 PS.

Schlüter „Profi-Gigant 3000“, 650 PS Zwillingsbereifung, luftgefederte Echtledersitze    

                                               ALLE FOTOS: ©CHARLY HAFNER

 

3. April 2018

 

 

Archiv  

  * Foto-Archiv   * Kontakt   * Impressum   * Datenschutzerklärung

© 2014 Journalismus-online. ALL RIGHTS RESERVED Charly Hafner
Letzte Aktualisierung 15.04.2018

Mein Google+